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Mitfahrbänke Seebergen - Interview

Veröffentlicht von Markus am 06.03.2020
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Ein Interview zur Gemeinschaft und zu Mitfahrbänken in der Region.

Trampen ohne Daumen raus

LebensGut in Cobstädt will dörfliches Leben in der Drei-Gleichen-Gemeinde beleben – Modellprojekt Seebergen

Auf der Internetseite vom Lebensgut in Cobstädt wird Albert Einstein zitiert: „Die Probleme, die es in der Welt gibt, sind nicht mit der gleichen Denkweise zu lösen, die sie erzeugt hat.“ Das beschreibt treffend die Intention, mit der 2004 junge Erfurter das sozialökologische Gemeinschaftsprojekt in Cobstädt gründeten. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der naturnahe, ganzheitliche Landwirtschaftsbetrieb. Und vor allem werden Obstbäume gepflanzt. Alte Sorten säumen den Jakobsweg in der Region, beleben die Streuobstwiesen. Thomas Penndorf gehört zu den Gründungsmitgliedern. Wir sprachen mit ihm über die aktuelle Entwicklung.

Das Lebensgut trägt viele Säulen. Sind neue hinzugekommen?

Wir haben ein Seminarzentrum aufgebaut, in dem wir regelmäßig die unterschiedlichsten Veranstaltungen für die Region anbieten.

Um welche Themen geht es da?

Ernährung und Gesundheit sind uns wichtig, alternatives Wirtschaften spiegelt sich hier wider wie beispielsweise Gemeinwohlökonomie. Und es liegt auf der Hand, dass wir viel Wissen über alternative Landwirtschaft vermitteln wollen. In einem Workshop wurde aber auch dargelegt, wie Windräder selbst gebaut werden können, um seine eigene Energie zu erzeugen.

Kann man im Lebensgut auch selbst aktiv werden?

Wir bieten Selbstversorgerparzellen an, wo Menschen, die in der Stadt keine Möglichkeit haben, mit uns gemeinsam ihr Gemüse anbauen können. Es gibt Patenschaften über Obstbäume.

Wie viele nutzen denn das Angebot, in Cobstädt Gemüse selbst anzubauen?

Das sind rund 40 Selbstversorger mittlerweile.

Cobstädt gehört zur Gemeinde Drei Gleichen. Wie positioniert sich das Lebensgut da?

Wir sind dabei ein regionales Netzwerk aufzubauen, dessen Ziel nachhaltiges und solidarisches Wirtschaften ist.

Wie sieht das konkret aus?

Wir meinen, nicht alle Leistungen müssen in Geld verrechnet werden. Stattdessen kann man sich gegenseitig helfen, kann Dinge tauschen und beispielsweise Bauprojekte gemeinsam umsetzen.

Es gab Zeiten, da war so etwas auf den Dörfern üblich.

Richtig. Und es hat Sinn gemacht. Miteinander leben ist besser als nebeneinander oder gar gegeneinander. Auf diese Weist steigt die Lebensqualität und die Unabhängigkeit der Region. Das fördern wir.

Und Sie finden mit diesen Ideen Anklang im Dorf?

Das funktioniert schon. Nicht überall gleich in der Landgemeinde, aber unser Netzwerk wächst. Die Einrichtung des Seminarzentrums oder unser Schaugarten sind konkrete Ergebnisse dessen.

Ein besonderes Projekt in der Region wollen Sie mit dem Bundesumweltamt für Seebergen in Angriff nehmen. Was ist das genau?

Dahinter verbirgt sich Leben in zukunftsfähigen Dörfern. Da wird zunächst geschaut, wie funktioniert es im sozialen Bereich, wie ist es um das kulturelle Leben bestellt, wie um Ökologie und Ökonomie. Im Ergebnis geht es sowohl um Potentiale als auch um Defizite.

Die Ergebnisse dürften nicht erfreulich sein.

Es wurde schnell deutlich, dass im sozialen Bereich nur noch wenig funktioniert. Wir stellen fest, dass die Menschen auf den Dörfern immer mehr vereinsamen. Hier gibt es kaum noch Arbeitsplätze. Im Dorf wird geschlafen, gearbeitet hingegen außerhalb. Versorgte sich früher ein Dorf zu 80 Prozent selbst, sind es heute nicht einmal mehr fünf. Das bedeutet auch den Verlust von Kulturlandschaft und Biodiversität.

Wie kann das denn gestoppt oder gar umgedreht werden?

Das Projekt, das vom Bundesumweltministerium gefördert wird, umfasst verschiedene Maßnahmen, die wir mit der Gemeinde zusammen entwickelt haben. Wir haben Baumpflanzaktionen auf Streuobstwiesen initiiert oder Pflegemaßnahmen am Bestand vorgenommen. Das geht einher mit einem gemeinsamen Nutzungskonzept – von Apfelsaftpresse bis Ernteaktion. In der Gemeindeschenke gab es eine Reihe von Veranstaltungen, um hier wieder einen Dorfmittelpunkt zu schaffen. Zurzeit entwickeln wir ein Logo für heimische Produkte. Ziel ist ein regionales Wirtschaftsnetzwerk. Die Erzeugnisse sollen über einen gemeinwohlorientierten Vereinsladen vertrieben werden. Dieses Netzwerk wird aber auch die vorhandenen lokalen Läden mit versorgen. Und nicht zuletzt werden wir Mitfahrbänke aufstellen.

Mitfahrbänke?

Ja, genau. Gemeinsam mit Jugendlichen aus Seebergen und Mühlberg wurden Bänke gefertigt, die demnächst an den Ortsausgängen aufgestellt werden. Wer also ins Nachbardorf will, setzt sich auf eine solche Bank und signalisiert damit, ich würde gerne mitgenommen werden.

Das ist also wie Trampen ohne Daumen raus.

Wenn man so will. Das ist jetzt für Seebergen und Wechmar geplant, soll aber für alle Drei-Gleichen-Gemeinden kommen. Dank der tatkräftigen Unterstützung der evangelischen Kirchengemeinde sind wir hier auf einem guten Weg. Und es geht ja nicht nur darum, von einem Ort in den anderen zu kommen. Menschen sprechen dann miteinander, die es sonst wohl nicht täten. Also kommt noch eine nicht zu unterschätzende soziale Komponente hinzu.

ZurückZuletzt geändert am: 06.03.2020